Damals in der DDR: die Kreissparkasse Beeskow

Beeskow-03 Im Frühjahr 1990, in den Monaten zwischen Mauerfall und Währungsunion, fuhr eine Mitarbeiterdelegation der Sparkasse Krefeld erstmals nach Beeskow, um beim „Aufbau Ost“ mitzuwirken und die dortige Kreissparkasse auf die Einführung der D-Mark und die Folgen vorzubereiten. „Wessis“ trafen auf „Ossis“, die Mitarbeiter einer westdeutschen Großsparkasse auf die Belegschaft einer kleinen Sparkasse (fast) ganz im Osten.

Beeskow #GS-FriedlandDie am 1.7.1855 gegründete Kreissparkasse Beeskow unterhielt in der Wendezeit neben der Hauptstelle in Beeskow noch vier Geschäftsstellen. Das Institut beschäftigte 62 Mitarbeiter, unter ihnen lediglich vier Männer, und wurde von einem Ein-Mann-Vorstand, Paul Hünemörder, geleitet.

Die Bilanzsumme 1989 betrug 347,7 Mio. Mark. Der größte Posten auf der Aktivseite war mit rund 279 Mio. Mark das Guthaben bei der Staatsbank. Lediglich 50 Mio. Mark machte das Kreditgeschäft aus. Verbindlichkeiten aus dem Passivgeschäft bestanden in Höhe von rund 320 Mio. Mark, wobei die Sparbucheinlagen etwa 237 Mio. Mark betrugen.

Beeskow-10Die Geschäfte der Kreissparkasse in Beeskow

Die Kreissparkasse Beeskow war im Landkreis so gut wie konkurrenzlos. Außer ihr gab es lediglich die Bank für Land- und Nahrungsmittelwirtschaft, deren Kunden indes ihren Zahlungsverkehr über die Sparkasse abwickeln mussten.

Der Zahlungsverkehr war der am weitesten entwickelte Geschäftsbereich: die Abwicklung war gebührenfrei. Ein- und Auszahlungen wurden auf Belegen erfasst und anschließend über Fernschreiber an einen in Frankfurt/Oder stehenden Rechner gegeben. Informationen über die Kontostände erhielt die Sparkasse durch Listen. Gehaltsgutschriften größerer Betriebe wurden bereits zum größten Teil über elektronische Datenträger abgewickelt. Geldautomaten gab es nicht.

Als einzige weitere Dienstleistungen bot die Kreissparkasse Beeskow die Annahme von Einzahlungen über den Nachttresor sowie die Führung von Valutakonten an. Neben dem Spargirokonto, das zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs dienen sollte, gab es für die Kunden nur die Anlagemöglichkeit in Form eines Sparkontos, das in etwa dem Sparkassenbuch entsprach, allerdings mit täglicher Fälligkeit.

Verzinst wurden die Einlagen mit dem von der Staatsbank vorgeschriebenen Einheits-Zinssatz von 3,25 %. Die Sparkasse konnte die von ihr angenommenen Gelder nur zu einem festen Zinssatz bei der Staatsbank anlegen oder sie als Darlehen ausleihen.

Das Kreditgeschäft in der DDR kannte insgesamt nur vier Kreditarten mit den von der Staatsbank vorgegebenen Konditionen. Im gewerblichen Kreditgeschäft wurden nur Betriebsmittelkredite (Umlaufmittelkredit) und Investitionskredite (Grundmittelkredit) herausgelegt.

Beeskow #KonkurrenzDie Sicherstellung der gewährten Darlehen erfolgte hauptsächlich über Hypotheken, Bürgschaften und über eine Art Sicherungsübereignung, das „besitzlose Pfandrecht“. Blankokredite waren unüblich. Die Unterlagen zur wirtschaftlichen Beurteilung des Kreditnehmers waren unzureichend.

Viele kleinere Handwerker benötigten keine eigene Buchführung oder Steuerunterlagen, da sie pauschal besteuert wurden. Vorhandene Bilanzen waren deswegen mit Blick auf die Zukunft mit aller Vorsicht zu genießen. Kreditanträge wurden ausschließlich durch den Vorstand bewilligt.

Das private Kreditgeschäft nahm nur einen schmalen Umfang ein und beschränkte sich auf dirigistisch vergebene Kreditkaufbriefe zur Anschaffung staatlich genehmigter Güter oder auf staatlich reglementierte Wohnungsbaukredite. Zur Gewährung eines „Konsumtionskredits“ hatte das vormalige Ministerium für Handel und Versorgung ein Warenverzeichnis mit Konsumgütern herausgegeben. Auf der Liste erschienen nur Produkte, die im Überfluss vorhanden waren. Diese Liste wurde jedoch von Jahr zu Jahr dünner. Möbelwände oder Couchgarnituren waren allerdings in der DDR absolute Mangelware, weil die komplette DDR-Produktion in den Westen ging, beispielsweise mit dem blau-gelben Elch-Etikett von Ikea versehen.

Beeskow-09Schlecht bezahlt und schlecht ausgebildet

Wie alle 196 Sparkassen im DDR-Sozialismus litt auch die Kreissparkasse Beeskow  unter ihrem reduzierten Geschäftsmodell als Kapitalsammelstelle. Im Arbeiter- und Bauernstaat war das Image der Dienstleistungsbranchen miserabel.

Sparkassen und ihre Mitarbeiter waren da keine Ausnahme und genossen „wenig gesellschaftliche Anerkennung“, wie Paul Hünemörder, Sparkassenvorstand in Beeskow, berichtete. So schlecht wie das Image war auch die Bezahlung der Sparkassenmitarbeiter. Mit der Konsequenz, dass fast ausschließlich Frauen in diesen Beruf gingen, „weil Männer als Familienvorstand mit dem Gehalt die Familie nicht ernähren konnten“.

Die meist schlecht ausgebildeten weiblichen Angestellten wurden vor allem im Zahlungsverkehr eingesetzt. Ein ausgelernter Finanzkaufmann in einer DDR-Sparkasse, der nur sehr entfernt mit dem bundesdeutschen Berufsbild des Bankkaufmannes zu vergleichen war, kam auf ein Monatsgehalt zwischen 840 und 1350 Mark brutto.

Beeskow #Krefeld-BüroVier von fünf Sparkassen-Mitarbeiterinnen waren im Zahlungsverkehr beschäftigt, der mit Ausnahme der Währungsumsätze und der Kundenkartei ohne elektronische Datenverarbeitung abgewickelt wird. Neben dem Vorstand gab es noch „Kaderleiter“, die beispielsweise für das Personalwesen oder die Organisation zuständig sind. Weitere Abteilungen: Innenrevision, Zahlungsverkehr und Kreditgeschäft.

Der Vorstand wurde vom Rat des Kreises Beeskow bestimmt; ein Verwaltungsrat oder andere Sparkassenorgane existieren nicht. Die Aufsicht wurde durch das Finanzministerium ausgeübt.

Hünemörder betonte seinerzeit, dass die Sparkassen bei der Einstellung der Auszubildenden zumindest unter den Frauen die Auswahl hatten und die Kreissparkasse „mit sehr guten Leistungen“ ausgebildet hat. „Aufgrund der soliden Ausbildung wurden unsere Mitarbeiterinnen sehr gerne von den anderen Wirtschaftsbranchen übernommen.“

Beeskow-11Auf dem technischen Stand der 50er Jahre

Die Hauptstelle der Kreissparkasse Beeskow war in einem relativ gut erhaltenen, historischen Gebäude am Marktplatz untergebracht. Hier arbeiteten 45 Mitarbeiter, in der größten Zweigstelle sieben Mitarbeiter. Die Kassenhalle wurde beherrscht durch eine lange Theke mit verschiedenen Schaltern. Die Mitarbeiter waren durch einen Holzverschlag und Milchglas von den Kunden getrennt. Es existierte nur ein Beratungstisch. Die Atmosphäre war auf Distanz bedacht und alles andere als kundenfreundlich.

Die technische Ausstattung der Kreissparkasse wie auch anderer DDR-Sparkassen entsprach dem Stand der fünfziger Jahre. Es fehlte an fast allem, angefangen von Additionsmaschinen über elektrische Schreibmaschinen bis hin zur Banknotenzählmaschine. Vom Fotokopierer ganz zu schweigen.

Experten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes schätzten seinerzeit, dass ein Investitionsbedarf von über 10 Milliarden DM vonnöten wäre, um die Sparkassen in der DDR konkurrenzfähig im bundesdeutschen Sinn auszustatten.

Vor diesem Hintergrund sah es die Sparkasse Krefeld als ihren Auftrag an, der Kreissparkasse Beeskow personelle und technische Hilfestellung zu geben. Materiallieferungen wie Kopierer oder Faxgeräte waren indes nur der erste Schritt. In der Folge ging eine komplette Geschäftsstelle auf Reisen und fand in Beeskow eine neue Verwendung.

Fotos: Bildarchiv der Sparkasse Krefeld

Hinterlasse einen Kommentar